Du hast den Schritt in die Selbständigkeit getan, die Firma übernommen oder gekauft oder selbst gegründet. Das heißt noch lange nicht, dass Du über Nacht die Souveränität eines Unternehmers, einer Unternehmerin hast. Unternehmer werden wir nicht durch einen Gewerbeschein oder einen Vertrag. Unternehmerin werden wir durch die Entscheidung, mich auf eine abenteuerliche Entwicklung einzulassen. Und tagtäglich mich dieser Herausforderung zu stellen. Über Jahre hinweg, ohne die Gewissheit, ob dieses Projekt gelingt. Denn jedes Unternehmen, unabhängig von Alter und Größe, birgt immer das Risiko des Scheiterns.

Unternehmer werden – das ist ein Entwicklungsprozess

Früher dachte man, dass man als Unternehmer geboren wird. Das heißt, dass man in einer entsprechenden Familie auch die entscheidenden Kontakte mit dem Kapital der Firma erbt. Das hat sich heute verändert. Prof. Dr. Günter Faltin bringt dies in seinem Buch „Kopf schlägt Kapital“ gut auf den Punkt: Unternehmerisches Denken und Handeln kann man lernen. Es ist ein Entwicklungsprozess und ein herausfordernder Lernweg. Brachten vor über 100 Jahren die Maschinen einen Wachstumsschub, so ist es heute die Digitalisierung, die ungeahnte Möglichkeiten birgt.

Mit Köpfchen arbeiten heißt strategisch arbeiten!

Bei allen sich verändernden Prozessen, ist aber eines zuallererst für einen Unternehmer, für Chef oder Chefin zu betonen: Eine smarte Arbeit, eine kluge Arbeit, also die Arbeit mit dem Köpfchen ist erfolgsentscheidend. Das gilt für kleine und natürlich auch für große Unternehmen.

Mit Köpfchen arbeiten heißt vor allem auch strategisch arbeiten. In großen Unternehmen ist das schlichtweg selbstverständlich, dass der Chef oder die Chefin sich ausreichend Zeit für Strategie, für strategische Überlegungen nimmt. In diesen Phasen sind dann die Mitarbeitenden, ist die Belegschaft gefragt. Sie sind dann für die täglichen Abläufe und die Abarbeitung zuständig.

In kleinen Unternehmen ist das schon schwieriger, weil eben die Inhaberin, der Chef sehr wohl in die tägliche Arbeit involviert ist. Aber auch hier gilt: Es ist wichtig, dass sich der Unternehmer, die Unternehmerin sehr bewusst Zeit nimmt. Zeit, um darüber nachzudenken, was es heißt, heute mit diesem Unternehmen, mit diesem Business, mit dieser Firma, mit diesem Betrieb auf Zukunft hin gutes Geld zu verdienen.

Diese „Denkpausen“, die Freiräume sind wichtig: Einfach mal den Kopf von der Alltagsarbeit befreien, um Perspektiven auszuloten, Strategien zu entwickeln.

Wo stehst Du mit Deinem Business?

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Unternehmer werden – ​Im Helikopter über die Firma fliegen

Mit der Vertragsunterzeichnung ist ein großes Stück für Dein Abenteuer der Selbständigkeit, der Unternehmensführung, gelegt. Doch als Nachfolger, als Nachfolgerin habst Du mit der Vertragsunterzeichnung zu zentralen Themen „Ja“ gesagt:

  • Wie die Pflicht, sich selbst zu führen.
  • Wie die Notwendigkeit, Prioritäten zu setzen.

Prioritäten zu setzen, ist gar nicht so einfach, wenn noch der Überblick fehlt. Daher muss der Unternehmer, die Unternehmerin immer wieder selber gucken, wie das geht mit dem Überblick. Es muss gelingen, sich immer wieder eine gewisse Distanz zu verschaffen. Es ist ein Flug mit dem Helikopter über die Firma nötig, um zu schauen: Was läuft gut, was läuft nicht so gut? Wenn Du einen Überblick hast, dann gilt es zukunftsweisende Entscheidungen zu fällen. 

Sich mal rauszunehmen aus der Arbeitsroutine, um sich einen Überblick über das Unternehmens zu verschaffen, ist gar nicht so einfach. Das erlebe ich immer wieder.

Vielen Chefs und Chefinnen schwer zu sagen, dass auch dieses „sich rausziehen“ Arbeit ist. Als Arbeit gilt in erster Linie das Anpacken und Abarbeiten im Tagesgeschäft. Oder stets für alles und jeden ansprechbar zu sein.

Daher: Es ist wichtig, dass Du Dir die Zeit nimmst – täglich!  Je 10 Minuten am Morgen und Abend, um Prioritäten zu setzen. Oder auch eine halbe Stunde für den Wochenüberblick und Wochenrückblick. Monatlich. Quartalsweise. Mehrtägige Klausuren. Tage eben, um sich Gedanken zu machen, wohin es mit der Firma geht. Und da darf es nicht sein, dass Du dafür keine Zeit hast. Die Zeit, die Du hier investierst, holst Du an anderer Stelle mehrfach wieder rein, weil Du strategischer durch den Tag gehst und entscheidest, wofür Du Prioriäten setzt. Es braucht eine klare Reservierung in Deinem Kalender, wie andere Tätigkeiten eben auch.

„Selbständigkeit und die Digitalisierung verlangen eine steile Lernkurve“

In meinen Beratungen beobachte ich immer wieder die unterschiedlichen Entwicklungsstufen in der Selbständigkeit: Viele starten mit viel Elan als gut ausgebildete Fachkraft. Sie verdienen ihr Geld als Selbständiger, Freiberufler oder mit einem kleinen Laden. Genau mit dem, was sie selbst fachlich gut können. Sie mögen ihre Arbeit und sind mit Herzblut dabei. Zu ihrer Fachkraftarbeit kommen dann sehr schnell die Aufgaben wie Marketing, Vertrieb und Verwaltung dazu. Also das Managen der eigenen Fachkompetenz.

Was unbedingt von Nöten ist, ist die Bereitschaft sich hineinzuarbeiten!

Oder da kauft eine erfahrene Fachkraft das Unternehmen und hat plötzlich Verantwortung für weitere Fragestellungen eines Unternehmens, die sie bisher nur aus der Theorie kannte. Sie sieht sich mit einer Betriebswirtschaftlichen Auswertung des Steuerberaters konfrontiert, die gelesen und verstanden werden will.

All diese Aufgaben neben dem eigentlichen Fachgebiet sind keine Hexerei. Es reicht auch eine durchschnittliche Intelligenz. Was unbedingt von Nöten ist, ist die Bereitschaft sich hineinzuarbeiten, und die Motivation, es verstehen zu wollen. Dies braucht neben Engagement vor allem Zeit. Und immer auch Zeit, damit die eigene Entwicklung von Kopf und Herz mitkommt und bis die neuen Tätigkeiten selbstverständlich werden.

Wenn es nicht mehr komisch ist…

Nach ungefähr zwei Jahren in diesem neuen Aufgabenfeld finden sich die einzelnen zurecht. Es ist nicht mehr komisch und ungewohnt. Dann macht sich so etwas wie Normalität breit. Und gleichzeitig wächst das Erkennen, dass sie eigentlich zu diesem Zeitpunkt „weiter“ sein wollten: mehr Umsatz, mehr Personal, vor allem mehr Gewinn.

Wir Menschen neigen dazu, zu überschätzen, was wir in einem Jahr schaffen, und zu unterschätzen, was in zehn Jahren möglich ist.

Nach weiteren zwei bis drei Jahren erlebe ich so etwas wie Ernüchterung: So will ich es nicht weiter! Es ist mir zu anstrengend. Der Alltag hat was von Kampf. Wertvolle Beziehungen zu Freunden und Familie leiden. Für Sport und gesundes Essen bleibt keine Zeit. Wenn ich mich in diesem Setting weiterentwickle, dann dauert es mir einfach zu lange, bis ich da bin, wo ich hin will.

Unternehmer werden – aber auf der Nebenstrecke unterwegs?

Businessentwicklung heißt, ich fahre auf den altbekannten Gleisen weiter. Wenn die Strecke es hergibt und die neueste Technik es zulässt, kann das Unternehmen richtig gut Fahrt aufnehmen. Doch wenn ich merke, dass ich auf einer Nebenstrecke unterwegs bin?

Da hilft nur ein Businesssprung: Raus aus den alten Mustern, über den eigenen Schatten springen. Das heißt, das alte Geschäftsmodell kritisch unter die Lupe nehmen und überlegen, wie ich durch ein neues Businessmodell mit den passenden Prozessen und Abläufen eher das finde, was mir entspricht.

Was bleibt, wenn ich in den Ruhestand gehe?

Die dritte Phase, die ich ausmache, liegt am Alter mit Mitte bis Ende 50. Es stellt sich vielen die Frage: Was bleibt von meinem Business, das oft mit viel Herzblut verbunden ist, wenn ich in Ruhestand gehe? Also:

  • Gibt es jemanden, der es übernehmen kann oder will?
  • Ist mein Business attraktiv für die Nachfolge? Ist es verkaufsfähig?
  • Oder schließe ich ab und werfen den Schlüssel weg?

Vorteil der Kinder aus Unternehmerhaushalten: Sie haben von kleinauf erlebt, dass man es in der Selbständigkeit „nie wirklich geschafft“ hat. Sie haben von Kindesbeinen an Übung darin, mit diesen Verunsicherungen umzugehen. In der Selbständigkeit gibt es immer ein existenzielles Risiko. Es gibt immer Entwicklungen, die niemand voraussehen konnte. Sie kennen diese Themen, Gespräche und Diskussionen von Kindesbeinen an. Diese Dinge lernen die „Selfmade-Selbständigen“ erst später. Wie alles, was ich neu lerne, braucht es neben Zeit auch Übung, damit umzugehen und die Situationen angemessen einzuschätzen.

Existenzgründung dauert länger als fünf Jahre

Klassisch gelten drei bis fünf Jahre als Phase der Existenzgründung. Das sagen Banken und staatliche Stellen. Das renommierte Wirtschaftsinstitut St. Gallen schrieb, dass sie inzwischen von acht Jahren ausgehen. Das scheint auch mir realistischer, wenn ich die Entwicklung meiner Kunden und auch meine eigene betrachte. In der Villa Hügel in der Ausstellung über Alfred Krupp fiel mir auf, dass auch er mit seiner Idee und seinem Unternehmen 15 Jahre brauchte, bis er schwarze Zahlen schrieb…

Unternehmer werden – Die innere Bereitschaft ist notwendig

Auf jeden Fall braucht es zum Unternehmersein eine innere Bereitschaft bei folgenden Punkten:

  • Die Herausforderung immer wieder neu anzunehmen und zu akzeptieren, dass es immer wieder Phasen der Überlastung und manchmal auch der Überforderung gibt.
  • Sich der eigenen, oft existenziellen Angst zu stellen.
  • Die volle Verantwortung zu übernehmen und das Risiko zu tragen ohne Sicherheitsnetz;
  • Lernen mit inneren Spannungen und Konflikten zu leben;
  • Ein gesundes Selbstvertrauen, statt mit Selbstzweifeln oder Selbstüberschätzung sich und anderen das Leben schwer zu machen;

Diese Punkte gehören zur inneren Verfassung und Haltung, die den Erfolg ausmanchen. Also der eigenen Einstellung, den Vorstellungen, den Werten und meinen Einreden. Oder wie die Amerikaner sagen: dem Mindset. Vieles davon ist uns selbstverständlich. Doch in der Weise, wie wir es uns bewusst machen, können wir es auch Schritt für Schritt verändern. Deshalb ist die nachhaltigste Unternehmensinvestition, die in die eigene Unternehmerpersönlichkeit.

„Menschen sind soziale Wesen, Unternehmer und Unternehmerinnen auch.“

Eine der großen Herausforderungen im Arbeitsalltag heute ist, mit der Schnelligkeit und den vielen Ablenkungen und Unterbrechungen bei der Arbeit umzugehen. Die eigene Balance zu finden zwischen Weitblick, Überblick und Einblick, also das große Ganze der Entwicklungen über den eigenen Tellerrand hinaus, den Überblick über das gesamte eigene Business und die entscheidenden Details bewusst zu sein.

Dafür brauchen Unternehmer eigenes Handwerkszeug: Mittel eben, um immer wieder den Fokus zu halten auf die eigene Vorstellung vom Unternehmen mit den dafür zu erreichenden Zielen. So können die „To-Dos“ konzentriert abgearbeitet werden. Meine Kunden haben dafür individuelle, sehr unterschiedliche Konzepte des Tagesablaufs, die ihnen helfen, den unterschiedlichen Aufgabenstellungen gerecht zu werden.

Menschen sind soziale Wesen, Sie als Unternehmer und Unternehmerin auch. Sie brauchen Kollegen und Kolleginnen. Das sind nicht die Festangestellten von früher oder aus der Nachbarschaft. Auch die Lebenspartnerin oder der Ehemann haben eine andere Rolle und sind nur bedingt als Ratgeberin und Sparringspartner geeignet. Insgesamt ist es eine spannende, aber eine zentrale Frage: Wer berät Sie?

Ein Berater soll Dich auf neue Ideen bringen

Ja, es könnte auch der Lebenspartner, die Lebenspartnerin sein. Wenn Du mit Deinem Partner, Deiner Partnerin gut sprechen kannst, ist das prima. Ich gebe aber zu bedenken: Wenn Du alle geschäftlichen Themen mit Deinem Partner, Deiner Partnerin besprichst, bleibt nicht mehr viel übrig für das, was eigentlich Eure Partnerschaft ausmacht. Denn: Ihr seid nicht in erster Linie Geschäftspartner, sondern Lebenspartner und vielleicht verbinden Euch Eure gemeinsamen Kinder.

Das heißt im Umkehrschluss – und das ist mein Rat: Such Dir jemanden außerhalb und schau, welche externe Unterstützung Dir wirklich weiterhilft: Beratende, die weiterhelfen sind nicht die, die Dir nach dem Mund reden. Berater, die Dich weiterbringen sind die, die Deine Denkkreise stören, die Dich auf neue Ideen bringen, die Dir Deine kognitiven Verzerrungen – also, wo Du selbst Deinem Denkenfehlern aufsitzt – aufzeigt. Nur so kommst Du weiter!

Warum der Partner nicht der Hofnarr sein sollte…

Der Berater darf Dir nicht nach dem Mund reden. Da gibt es das schöne Beispiel: Die Könige im Mittelalter hatten alle einen Hofnarren. Und die Aufgabe des Hofnarren war, dem König den Spiegel vorzuhalten. Hätte ein anderer auf dem königlichen Hof das gemacht, hätte es ihn vielleicht das Leben gekostet. Der Hofnarr durfte das tun. Der Hofnarr war eben der, der unverblümt Hinweise liefern durfte. „Holla, schau mal in den Spiegel!“ Und vielleicht wird ein „blinder Fleck“ – da ist etwas, was Du selbst nicht siehst und nicht sehen kannst oder willst – plötzlich erkennbar.

So ist es eben auch im Binnenverhältnis von Dir als Unternehmer oder Unternehmerin und Berater: Wer hält Dir ehrlich immer wieder den Spiegel vor, dass Du erkennen kann, wo Du womöglich auf dem Holzweg ist? Und deshalb: In einer Partnerschaft kann es belastend und sehr anstrengend sein, wenn der Partner, die Partnerin die Aufgabe des Hofnarren zugeschrieben werden sollte. Daher: Besser nach einer externen Lösung schauen.

Selbständige und Unternehmer*innen brauchen Menschen, die die gleichen Herausforderungen meistern und gemeistert haben. Sie brauchen verbindlichen Austausch, unabhängiges Feedback und ein tragfähiges Netzwerk. Unternehmer werden ist ein intensiver Prozess, ein facettenreiches Abenteuer. Bei aller Motivation und Kompetenz von selbständigen Frauen und Männern: für den Marathon des Selbständigkeit brauchen Ihre Stärke und Resilienz eine besondere Achtsamkeit und Pflege.

Überarbeitung Okt. 2022 und Febr. 2019; Erstellung Okt. 2017

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