Beim Unternehmenskauf gibt es zwei Konstellationen: Da ist unter anderem der Investor, der die Firma erwirbt, obwohl kein Interesse hat, sie zu leiten. Das sind Profis, die Firmen für ihr Portfolio erwerben.
Ich befasse mich mit dem Käufer, der einsteigt und das Unternehmen führt. In diesem Fall tut Beratung Not…
Das Interesse ist da. Oft aber hat der angehende Käufer wenig Erfahrung mit den unternehmerischen Entscheidungen gemacht. In der Regel ist der Verkäufer ein gestandener Unternehmer. Fürs Erste ist gut beraten. Durch seinen Steuerberater, den Juristen des Vertrauens oder andere Fachstellen die Informationen zu sammeln, die nötig sind. Er, der Unternehmer, kennt den Weg.
Schauen wir genau hin!
Anders sieht es beim Käufer aus. Der Kauf einer Firma ist ein Traum im Leben. Das verführt bisweilen dazu, nicht so genau hinzusehen. Das wird sich rächen. Denn: Natürlich verpackt der Verkäufer sein Lebenswerk ansprechend und bestmöglich. Mein Rat ist daher klar: Bitte packen Sie das Gesamtpaket früh aus und schauen Sie bitte genau hin! Und das ist beileibe nicht immer selbstverständlich. Selbst Unternehmensberater, die zur Unternehmensnachfolge eingebunden werden, können so die eine oder andere Kleinigkeit vergessen. Das kann sich dann nachher als Bumerang herausstellen.
Und das ist die Klippe…
Ein Geschenk unterscheidet sich von einem Kauf ganz zentral. Denn: Wenn Sie etwas geschenkt bekommen, ist es schwierig, dieses auszupacken und dann zu sagen: Nö, das will ich nicht! Anders ist es, wenn Sie etwas kaufen. Ich kann hier nur eindringlich raten: Machen Sie sich ein eigenes und detailliertes Bild über den Inhalt! Das ist ein selbstverständlicher Teil eines Kaufprozesses. Für firmenfremde ist das eine Klippe. Firmen oder familieninterne Übernehmer oder Übernehmerinnen wissen besser, dass dieses Gesamtpaket seine Licht- und Schattenseiten hat. Sie können besser einschätzen, ob die harten oder die weichen Faktoren des Unternehmens zur besonderen Herausforderung werden.
Unternehmer und Käufer finden!
Eine Firma zu übernehmen, ist immer schon ein gewaltiges Unterfangen. 53 Prozent ist der Anteil familieninterner Generationswechsel. Bei 18 Prozent findet eine firmeninterne Weitergabe statt. Bei den 29 Prozent der externen Nachfolgelösung gibt es einen großen Unterschied zu den anderen Formen der Nachfolge: Die beiden Seiten kennen sich nicht. Das heißt: Sie wissen von dem Menschen, mit dem sie nun so ein großes Projekt verhandeln, in der Regel nichts oder wenig. Das ist eine der besonderen Herausforderungen, die es zu beachten gilt.
Grob sind es vier Schritte in der externen Unternehmensnachfolge: Sie müssen sich finden und es muss passen. Dann muss der Firmenwert geklärt werden. Danach geht es um die Finanzierung – mit dem Gespräch bei der Bank. Schließlich muss das Ganze in einen Vertrag gegossen werden – mit allen Umsetzungsschritten der Übergabe. So weit ist das ein ähnliches oder fast gleiches Vorgehen wie bei den anderen Formen der Nachfolgelösungen. Ich bemühe auch in diesem Zusammenhang immer wieder meinen Satz: „Nachfolgen ist wie Gründen – nur krasser!“. Eine Firma zu kaufen, ist oft eine Option zum Selbst-Gründen. Das Selbst-Gründen ist bei Unternehmensnachfolgen in der Familie oder Firmeninternen nicht so deutlich eine Option. Oft haben Gründer, die eine Firma kaufen, auch schon selbst gegründet. Zur Klarstellung: Wenn ich selbst gründe, dann geht es darum, mit meiner eigenen Idee ein System zu entwickeln. Ein System, das irgendwann für mich Umsatz macht und irgendwann dann auch Gewinn. Beim Nachfolgen kaufe ich ein System, das bereits Umsatz und Gewinn macht. Dafür gibt es schon bestehende Prozesse.
Bis die eigene Firma in der Gewinnzone ist…
ich gebe zu bedenken: Wenn ich selbst gründe, brauche ich eben eine ganze Menge Zeit und Geld, bis die eigene Idee klappt. Und die Frage ist: von was lebe ich, bis meine eigene Idee, bis meine eigene Firma in der Gewinnzone ist. Klassisch wird gesagt, das braucht drei Jahre. Meine Erfahrung zeigt: Das reicht nicht! Das St. Gallen-Institut bestätigt meine Einschätzung, dass man besser von fünf bis acht Jahren ausgehen sollte. Das ist eben der Unterschied: Wenn man als Nachfolger ein Unternehmen übernimmt, fließt schon Geld, laufen Umsatz und Gewinn. Allerdings muss der Nachfolger viel Geld in die Hand nehmen, um das Unternehmen zu erwerben. Aber: Sie verdienen in der Regel sofort Geld, setzen eigene Ideen dann im bestehenden System um.
Ein weiterer Unterschied: Der Nachfger braucht die Fähigkeit, sich in ein bestehendes System einzufügen. Beim Gründen eher kreative, eigenwillige Menschentypen vermutlich die bessere Variante ist. Letztendlich gilt: Jeder muss auf sich schauen, was für ein Typ man ist.
Eine Firma wird in der Regel nicht aus der Portokasse bezahlt. Dafür gibt es Finanzierungsmöglichkeiten, Gründen kostet auch Geld. Aber da wird nicht so eine große Summe auf einmal fällig. Der Betrag summiert sich über Jahre hinweg.
Bei der Wertermittlung ist Expertenrat hilfreich
Reden wir mal über die Punkte, die Sie als Käufer unbedingt achten müssen. Da geht es als Erstes um den Wert des Unternehmens. Bei einem externen Verkauf bzw. Kauf hat das noch mal eine besondere Sichtweise und Fragestellung. Bleibt das Unternehmen in der Familie, wird man sich über den Wert schneller einig. Wenn firmenintern übernommen wird, weiß der Übernehmende in der Regel um Licht- und Schattenseiten, weiß er in der Regel auch, wo die Firma steht. Beim externen Kauf ist der Wert eine zentrale Frage. Der Wert kann nicht “irgendwie so über den Daumen“, als ein Schätzwert oder „nach Gefühl“ benannt werden. Üblich ist es, sich die Bilanzen der letzten drei Jahre genauer anzusehen. Wichtig: Ziehen Sie da einen Experten hinzu, der die Zahlen detailliert und in die Tiefe lesen kann. Die Investition in das Honorar des Experten bewahrt sie vor teurem Lehrgeld. Vielleicht ist eine Hemmung des Verkäufers, Sie wirklich sehr intensiv ins Schatzkästchen schauen zu lassen, verständlich. Aber nur im ersten Moment. Verständlicher ist, dass Sie die nackten Zahlen und Daten und Fakten brauchen.
Es ist ein Problem, wenn ein Unternehmen zu sehr an eine Persönlichkeit gebunden ist.
Dann geht es darum, das Potenzial des Unternehmens zu checken. Wie bei einer Gründung auch, wo sie prüfen, wie ist die Marktlage, wie es um die Branche steht, wo sind die Zukunftsmärkte, wer die potenziellen Kunden sind. Nur geht es dann bei der Übernahme um andere Fragen: Wer ist die Kundschaft? Wie ist der Ruf des Unternehmens? Gibt es schon stabile Abläufe und Prozesse? Ein Problem ist es, dass zu erwerbende Unternehmen zu sehr an die Person und Persönlichkeit des Unternehmers gebunden ist, davon abhängig ist. Und wenn dadurch sehr individuelle Lösungen – für jeden Kunden eine neue und andere Lösung – gestrickt werden, ist das auch zu betrachten. Dann fehlen vielleicht standardisierte Abläufe. Sicherlich sind individuelle Lösungen wie zum Beispiel im Maschinenbau nötig und zielgerichtet. Aber dann stellt sich die Frage: Stehen Abläufe und Prozesse oder ist das – spitz gesagt – ein reines Chaos?
Bürgschaftsbank, Fördermittel, KfW – Machen Sie sich schlau!
Klären Sie die Finanzierung. Es gibt manche Möglichkeiten. So gibt es unter anderen Fördermittel für Unternehmensnachfolgen. Es gibt Kredite, es gibt die Bürgschaftsbank und es gibt die KfW. Machen Sie sich da gut schlau. Mein Tipp: Nehmen Sie auch jemand mit ins Boot, der bankfähige Konzepte erstellen kann, der weiß, worauf es da ankommt. Und: Kalkulieren Sie nicht zu knapp. Das ist nach meiner Erfahrung oft eine Gefahr. Denn Sie wissen nicht, was da noch so alles drinsteckt an Überraschungspaketen, die Sie womöglich in Ihrer gekauften Firma vorfinden.
Im nächsten Schritt geht es darum, mit dem Verkäufer Schritt für Schritt das Prozedere zu klären. Steuern, Patente, Verträge, Altlasten… Das Feld dieser Aspekte ist weit. Ebenso muss die Frage nach den Mitarbeitern gestellt werden. Sind dort Dinge, besondere Verträge vielleicht, wo es bedeutsam wäre, diese noch mal genau anzuschauen. Eines ist auf jeden Fall ganz sicher: Wenn Sie kein Experte für den Kauf von Firmen sind, dann machen Sie es nicht alleine! Der Kauf einer Firma ist immer mit Risiko verbunden. Dieses können Sie durch Fachleute an Ihrer Seite minimieren. Ausschließen können Sie es nie.
Auch die weichen Faktoren nicht außer Acht lassen!
Jede erfolgreiche Firma ist eine individuelle Maßanfertigung, eine Unikat-Maschine. Je besser die Zahnräder, die Abläufe reibungslos ineinander greifen und nicht von der einzelnen Person abhängig sind, umso besser steht das Unternehmen da. Eine kleine Checkliste kann hilfreich sein: Haben Sie sich die zentralen Kennzahlen genau angesehen? Alleine oder überprüft durch Fachleute? Wie ist die Entwicklung dieser Zahlen in den letzten drei Jahren? Haben Sie sich die Firma auch selbst angesehen, vor Ort? Für den Fall sind Besuche zu unterschiedlichen Tageszeiten sinnvoll: am Morgen früh, wenn die Arbeit verteilt wird; wie gehen die Leute in der Mittagspause miteinander um; wie pünktlich machen sie Feierabend; welches Gefühl haben sie dabei vom Umgang der Belegschaft untereinander? Hören Sie wirklich an dem Punkt auf ihren Bauch: Wie reden die Mitarbeiter miteinander? Was für ein Ton regiert? Diese beiden Faktoren sind sehr entscheidend: Wenn Sie die Belegschaft übernehmen, dann müssen Sie mit diesen Menschen auch klarkommen!
Achten Sie darauf, was Herz und Bauch sagen!
Diese Menschen sind erst einmal da. Sie sind auch auf sie angewiesen, wenn der Laden weiterlaufen soll. Also schauen Sie hin, hören Sie hin: Gefällt Ihnen der Umgang? Oder bekommen Sie schon Stress, wenn die miteinander reden. Das würde Sie einschränken, würde Sie belasten. Überlegen Sie gut, ob das dann für Sie passt.
Ebenso verträgt auch dieser Aspekt einen tieferen Blick: Wie sieht die Altersstruktur und die Zugehörigkeitsdauer aus? Sind drei Viertel der Belegschaft im Alter des verkaufenden Unternehmers, dem Senior, heißt fast, dass der „Neue“ in Kürze vor einem personellen Aderlass steht und die demografische Welle zu sehr schwappt. Oder: Welchen Eindruck machen die Räume und die Arbeitsmaterialien? Sind die Arbeitsplätze gepflegt? Wird regelmäßig aufgeräumt? Es ist gut, wenn Sie sich das alles abspeichern. Notizen können hilfreich sein, Fotos auch. Auf jeden Fall gilt: Achten Sie gut, was Ihr Herz und Ihr Bauch sagen, vertrauen Sie auch Ihrer Intuition. Lassen Sie sich nicht verleiten! Diese weichen Faktoren sind sehr entscheidend. Denn: Die lassen sich nicht eben ändern. Eine Maschine können Sie kaufen, aber das Gefüge in der Belegschaft ist noch mal eine andere Hausnummer.
Intensiv nachfragen, intensiv recherchieren
Weiter geht es in der Checkliste: Welchen Ruf hat das Unternehmen eigentlich? Kennen Sie Kunden persönlich, haben Sie diese gesprochen? Welche Marktpositionierung hat das Unternehmen? Gibt es Besonderheiten, die den Wettbewerbsvorteil ausmachen? Gibt es so etwas wie Prognosen für die Zukunft in dieser Branche? Auch mit diesen Fragen muss man sich noch einmal beschäftigen. Fragen Sie intensiv nach! Recherchieren Sie intensiv? Wann wurde der Wert des Unternehmens von einem Profi errechnet, der abgebende Unternehmer aufruft? Ihnen muss da bewusst sein, dass der Experte im Auftrag des Verkäufers die Berechnungen vorgenommen hat – und auch in dessen Interesse. „Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing“ passt hier schon perfekt. Diese Berater sind nie neutral! Für Sie heißt das, dass Sie jemanden brauchen, der mit Ihren Augen schaut. Der kann und muss die Schwachstellen benennen; aufgedeckte Punkte, die den Kaufpreis eventuell mindern können.
Dann wird es auch schon sehr konkret mit wegweisenden Schritten: Haben Sie einen Geschäftsplan für das nächste Jahr? Erstellen Sie diesen am besten recht schnell, um zu sehen, was ist realistisch. Realistisch auch mit Ihren Augen gerechnet. Hilfreich und informativ sind in diesem Zusammengang die Vergleichszahlen in der Branche.
Das sind die notwendigsten Dinge – zum Abchecken der Situation, der harten oder weichen Faktoren.
Die Besonderheit des „blinden Flecks“
Emotionalen Faktoren sind die am stärksten unterschätzten Anteile bei einer Unternehmensnachfolge. Das gilt für alle Formen der Unternehmensnachfolge. Es gilt immer auch für beide Seiten. Die Schwierigkeit: Die meisten haben da einen „blinden Fleck“, dass es wirklich die emotionalen Faktoren sind. Sie denken, dass es an den Steuern und den Krediten liege. Aber: Befürchtungen und Erwartungen sind emotionale Faktoren. Was ist nicht sehen kann, kann ich nicht sehen: Das ist die Besonderheit des „blinde Flecks“. Wirkt die Übernahme stimmig zwischen Kopf, Herz und Bauch? Was ist, wenn nur das Herz will, aber Zahlen, Daten, Fakten nicht passen? Schauen Sie also gut hin: Und wenn Sie dann das Gesamtpaket wollen, geht es darum, in Kommunikation und Abstimmung mit dem Verkäufer zu gehen: Was ist Konsens zwischen den Beteiligten? Dann sollte man sich wieder zurückzuziehen, um nach einem Rundumblick, einer 360°-Analyse des Unternehmens, das finale Vorgehen festzulegen.
Die entscheidenden Facetten der Führung
Mit der Vertragsunterzeichnung ist ein großes Stück erledigt und besiegelt. Richtig: Feiern Sie das kräftig! Jedoch wäre es verführerisch zu meinen, dass Sie es nun geschafft hätten. Nein, es fängt erst an. Die drei ganz entscheidenden Facetten der Führung werden Sie jetzt beschäftigen. Zum Ersten sich selbst führen und Prioritäten zu setzen. Wenn Sie bisher nicht selbstständig waren oder vielleicht in einer kleinen Einheit gearbeitet haben, sieht es mit dem Prioritätensetzen noch mal komplett anders aus. Denn: Es ist niemand da, der Ihnen sagt, was zu tun ist. Zum einen müssen Sie das für sich selber wissen. Zum anderen müssen aber auch – je nachdem wie groß das Team ist – für die Belegschaft Prioritäten benennen. Wichtig ist dann aber auch, dass Sie immer wieder Zeiten, um sich im Interesse der strategischen Unternehmensführung selbst immer wieder sortieren.
Die zweite Facette der Führung ist, ein Unternehmen zu führen: Eine gute Fachkraft mit hoher Fachkompetenz ist noch lange kein guter Unternehmer, noch lange keine gute Unternehmerin. Auch das gilt es, gut im Blick zu haben. Und die dritte Facette: die Mitarbeiter zu führen. Ein Wechsel in der Leitung hat immer eine turbulente Dynamik im Team zur Folge. Das alles ist Ihre Herausforderung in einer Welt voller Auswirkungen von Globalisierung, Internationalisierung und Digitalisierung. Veränderung geht nie mehr so langsam wie heute. Sie wissen, dass wir uns verändern müssen und manchmal ohne genau zu wissen wohin. Deshalb braucht ein Nachfolger, braucht eine Nachfolgerin immer auch Unterstützung und zwar intern.
Hier mehr Infos, Wissenswertes rund ums Thema
Interview mit Beate Kreis, Expertin für Finanzierung und Businessplan
Interview mit Stephanie Feyerabend – Externe Nachfolgerin
Umfangreiche Sammlung weiterer Infos im Netz: https://liobaheinzler.de/geschenke/#ressourcen
kostenfreies Handout „Der Fahrplan zur Unternehmensnachfolge“ zum Download in meiner Mediathek mit vielen weiteren Materialien: https://liobaheinzler.de/geschenke/