Da steht es nun das Schild, das Inserat: „Firma zu verkaufen“. Es ist alles andere als ein Einzelfall: Da haben sich der oder die Geschäftsführer eines Familienbetriebs entschieden, in den Ruhestand zu treten. Nun wollen sie die Frage der Nachfolge klären. Der erste Blick führt zumeist in die Familie. Was also tun, wenn dort niemand bereit ist, in die Fußstapfen der ausscheidenden Generation zu treten? Eine Variante: Ein Mitarbeiter des Unternehmens wird Nachfolge – eine firmeninterne Lösung könnte somit die Alternative sein.

Die unternehmensinterne Nachfolge oder der Mitarbeiter wird Inhaber

Auf was ist zu achten, wenn die künftige Geschäftsführung aus der Mitarbeiterschaft rekrutiert wird? Beide Seiten – Übergeben und Übernehmender – sind gefragt, sich einem Veränderungsprozess zu stellen. Beide müssen sich dem Veränderungsprozess stellen.

Das ist Fakt: Es gibt nicht nur den Fachkräftemangel. Längst existiert auch ein Nachfolgermangel. Das erschwert die Absicht, eine Firma zu verkaufen. Denn: Die Generation der Babyboomer geht in den Ruhestand. Die  Generation, die in den 1980er und 1990er Jahren geboren wurde, die sich jetzt der Verantwortung stellen muss, ist zahlenmäßig deutlich geringer. So gibt es auch einen Wettbewerb um potenzielle Nachfolger. Ein weiterer Aspekt: Diese sogenannte „Generation Y“ hat in weiten Teilen auch ganz andere Vorstellungen, wie Arbeit und Leben heute funktionieren kann und zusammengeführt werden sollen. Und so wünscht sich manch ein Sohn oder Tochter eben ein anderes Berufsleben, als Vater und Mutter in der eigenen Firma vorgelebt haben. In diesem Fall ist die familieninterne Nachfolge oftmals keine Option. Also muss ein anderer Weg beschritten werden, die Firma zu verkaufen.

Das Unternehmen – eine „Unikat-Maschine“

In vorliegenden Statistiken ist nachzulesen, dass die Möglichkeit firmenintern oder unternehmensintern eine Nachfolgelösung anzustreben, 18 Prozent  am Gesamt-„Nachfolge-Kuchen“ ausmacht. Als Unternehmermentorin weiß ich, dass bei dieser Form der Unternehmensnachfolge ein paar Besonderheiten zu beachten sind. Schließlich ist für jedes  Unternehmen ist eine individuelle Maßanfertigung nötig: eine „Unikat-Maschine“, wie ich es nennen. In dieser müssen die Zahnräder reibungslos ineinandergreifen – und das idealerweise reibungslos. Das erst macht das Unternehmen verkaufsfähig, dann ist die Firma zu verkaufen.

So muss zum Beispiel bei der firmeninternen Nachfolge auf die Größe des Unternehmens geschaut werden. In großen Firmen sind klare Abläufe und Prozesse zumeist selbstverständlich. Je kleiner das Unternehmen ist, umso individueller werden die Lösungen gestrickt. Das kann dazu führen, dass es schwieriger sein könnte, die Firma zu verkaufen. Und: Wie der Kaufpreis eines Unternehmens sich ermitteln lässt, das bleibt eine Wissenschaft für sich.

Aber auch in dieser Frage, gibt es Antworten und Hinweise. Erste Anregungen finden sich beispielsweise in einem Artikel der Unternehmer-Zeitschrift Impulse (Link). Hilfreich kann aber auch ein Gespräch mit dem eigenen Steuerberater sein. Spezielle Beratungsfirmen bieten zu diesem Thema außerdem ihre Dienstleistung an.

Firma zu verkaufen – Ein Fahrplan aus drei Phasen

Aus meinen Erfahrungen habe ich einen Fahrplan mit den verschiedenen Phasen der Unternehmensnachfolge entwickelt. Diese drei Phasen gelten auch für firmeninterne Nachfolge.

In der Phase1 unterscheiden sich die Fragestellungen des Abgebers und die des Übernehmers im Vergleich zu einer familieninternen Nachfolge.

Hier ist vor allem der scheidende Unternehmer in den Blick zu nehmen. Er stellt sich vielleicht die Fragen, wie viel Zeit der Prozess hat, wie lange der Vorlauf sein müsste, um die Firma zu verkaufen. Und: Wie ist es denn dann, wenn ich wirklich raus aus dem Unternehmen bin? Und er überlegt: Wer von meinen Leuten könnte das am besten leiten? Wer ist fachlich versiert?  Wer hat auch die Persönlichkeit des Unternehmers, um ein Unternehmen zu führen? Und auch dieser Aspekt darf nicht unterschätzt werden: Wer wäre bereit, das finanzielle Risiko einzugehen. Denn: Ohne ein gewisses Risiko kann kein Verkauf stattfinden.

Plötzlich viel mehr Verantwortung

Beim Übernehmer stellen sich ganz andere Fragen: Ja, er bleibt zwar in der selben Firma, die er kauft. Aber doch wird alles anders. Das liegt schließlich an der Position, an der eigenen, neuen Rolle. Er trägt plötzlich die Verantwortung fürs Ganze und muss die Finanzen im Griff haben. „Traue ich mir das zu?“ „Will ich diese Verantwortung tragen?“ „Wie gehe ich mit meinen Ängsten, meinen Zweifeln um?“ „Bin ich eigentlich ein Chef-Typ?“ „Passt das in mein Lebenskonzept?“

Und dann ist da noch diese Frage: „Was sagt meine Partnerin, mein Partner zu den Plänen? Wie steht meine Familie dazu? Trägt sie den finanziellen und zeitlichen Aufwand mit?“ Vor allem aber: „Wie reagieren die Kollegen in der Firma auf meinen Rollenwechsel?“

Das alles sind Fragen im Prozess „Firma zu verkaufen“, die sich vor der eigentlichen Vertragsverhandlung ergeben. Diese Phase nennt sich „Matching Phase“. Es geht nicht weniger als um den Abgleich: Passen die Vorstellungen zueinander?

“Meine dringende Empfehlung an alle: Sie sollten wirklich einen Vorlauf von drei bis fünf Jahren rechnen!

Bei all diesen Überlegungen muss die Zeit in den Fokus genommen werden: Eine Übergabe, eine Übernahme brauchen Zeit. So sind drei bis fünf Jahren für das Beleuchten steuerrechtlicher Aspekte nicht zu lang. Meine dringende Empfehlung an alle: Sie sollten wirklich einen Vorlauf von drei bis fünf Jahren rechnen!

Zeit ist auch wichtig, um Optionen zu erkennen, sich einen Plan B vorzubereiten, falls Plan A nicht aufgeht. Und deshalb: Frühzeitig in den Prozess einsteigen! Wer kommt infrage, wenn ich ankündiige, dass die Firma zu verkaufen ist? Und ist diese Person, die in der Regel gut ausgebildet ist, in allen Aspekten auf eine Geschäftsführung vorbereitet So könnten noch Weiterbildungen nötig sein. Unternehmensleitung zu lernen, das braucht auch seine Zeit.

Firma zu verkaufen – Im Vorfeld Fragen und Themen abklären!

Die Phase 2 ist die eigentliche Vertragsverhandlung. Für diese sollte man ungefähr sechs bis zwölf Monate einplanen. Auch hier gilt: Schon im Vorfeld können Fragen und Themen abgeklärt werden, was die Phase 2 dann einfacher gestaltet.

Zum Beispiel ist das wichtig, wenn ein Mitarbeiter auf das Schild „Firma zu verkaufen“ reagiert: Zeichnet sich ein potenzieller Übernehmer klar ab, muss diesem – die Chance seines Lebens im Blick – aufgezeigt werden, welche Fördermittel zur Finanzierung eingeworben werden können. Vor einer Vertragsunterzeichnung muss entsprechend dafür Zeit „geblockt“ werden. Zeit, um Banken Konzepte vorzulegen. Zeit, für Förderprogramme. Für die Finanzmittel in dieser Phase erstellt der Übernehmer seinen ersten Businessplan, sein ersten Geschäftsplan. Schließlich ist das immer wieder ein Meilenstein.

Womöglich müssen neue Konzepte her

Es geht darum, das Bestehende in einer guten Weise weiterzuführen. Aber es geht auch darum, neue  Maßstäbe zu setzen. Neue Impulse sind einzubringen. Und vielleicht muss das Thema Investitionsstau angegangen werden. Womöglich müssen neue Konzepte her – angesichts der Herausforderungen der Geschäftswelt heute.

Es gilt auch hier wieder: Jede Phase und jede Konstellation braucht Klarheit. Für beide Seiten. Der Übergeber muss – über das Ziel „Firma zu verkaufen“ hinaus – erklären: Das will ich! Das ist mir wichtig! Das muss auch der Übernehmer. Prioritäten müssen dementsprechend formuliert und gesetzt werden.  Das fließt in die Kommunikation ein, in die Abstimmung. Mit dieser Klarheit kann verhandelt werden. Dann kann geschaut werden, wo es bereits Konsens gibt, wo man noch Spielraum gewinnen kann. Bei zwei berechtigten ganz unterschiedlichen Vorstellungen muss der Punkt ermittelt werden, an dem man zusammenkommt.

Die Mitarbeiter nicht in Loyalitätskonflikte bringen

Dann erst steht anschließend die Entscheidung an: Wie entscheidet man sich und unter welchen Bedingungen? Wie gehe ich weiter vor? Das gilt für den Übergeber und den Übernehmer.

Ist die Unterschrift getätigt, sollte auch ausgehandelt und vereinbart sein, ob der bisherige Inhaber noch beratend für die ein oder andere Stunde parat steht. Der Mitarbeiterschaft muss dann aber klar sein, wer der neue Chef ist. Damit die Mitarbeiter nicht in Loyalitätskonflikte zwischen altem und neuem Chef geraten, müssen beide Seiten dieses Auftreten gut miteinander klären und kommunizieren.

Aus meiner Sicht ist die firmeninterne Nachfolgeregelung prinzipiell die anspruchsvollste für den Nachfolger.

Aus meiner Sicht ist die firmeninterne Nachfolgeregelung prinzipiell die anspruchsvollste für den Nachfolger. Er hat mehrere Herausforderungen zu bewältigen. Er wird vom Kollegen zum Chef. Er trägt die volle finanzielle Verantwortung. Und er trifft die wegweisenden Entscheidungen – eine Challenge hoch drei! Der „Neue“ muss schnell aus den alten Gefügen hinauswachsen und eine Rolle aus souveräner Entscheider ausfüllen.

Firma zu verkaufen – Überblick, Steuerung und Kontrolle

Und wer kennt dieses geflügelte Wort nicht: „Der Prophet hat es im eigenen Land schwerer“. Der Ex-Kollege steht unter Beobachtung der alten Kollegen.  Er ist Vorgesetzter. Das heißt nicht, dass er was Besseres ist. Aber die Rolle ist eine andere. Und die Sichtweise auf ihn ebenso.  Ja, er kann weiterhin in freundlicher Art und Weise mit den Mitarbeitern umgehen. Nur: Er muss bewusst sein, dass er der Chef ist. Er spricht nicht mehr mit Freunden, sondern Mitarbeitern. Die Übernehmer müssen Überblick, Steuerung und Kontrolle wahrnehmen. Das muss die Belegschaft erkennen und annehmen. Das muss der Chef darstellen. Akzeptiert er den Rollenwechsel nicht, wird es schwer.

Um es noch einmal zu betonen: Nein, der neue Chef ist nicht besser. Er hat aber eine komplett neue Aufgabe. Als Chef kann man sich mit den bisherigen Teamkollegen vielleicht in der ein oder anderen fachlichen Fragen beraten, aber eben nicht in den entscheidenden existenziellen Fragen. Denn: Die Mitarbeiter haben Eigeninteressen. Der Chef aber fällt  Entscheidungen, die eben weit in die Zukunft hinein wirken. Sie könnten so den Mitarbeitern bisweilen gar nicht gefallen. Die Formulierung, dass es an der Spitze einsam sein kann, trifft das Verhältnis schon ganz gut.

Jetzt ist Unternehmer-Kompetenz gefragt

In dem Zusammenhang: Ich mache ausdrücklich darauf aufmerksam, dass manch salopper Spruch unter Kollegen jetzt zentrale Aussage sein könne, die die Rahmenbedingungen für das Wertesystem in der Firma definiert. Was das konkret heißt? Früher konnte untereinander gespöttelt werden, über einen nervigen Kunden geklagt werden, erhält das aus dem Mund des Chefs eine andere Qualität. Spitzen unter Kollegen, die auf Gegenseitigkeit beruhen, sind das nicht mehr. Diese Gleichheit gibt es dann nicht mehr. Hier ist sie wieder: die neue Rolle. Ich betone: Unternehmer sein, kann man lernen.  Die Fachkompetenz ist weniger wichtig als die Unternehmer-Kompetenz.

Und darum geht es: Der neue Inhaber muss sich gewiss sein: So führe ich das Team. So führe ich mich selbst. Und so führe ich das Unternehmen.

Diese Phase der Übergabe und das Hineinwachsen in die neue Rolle braucht nach meiner Erfahrung bei einer firmeninternen Übernahme er ein bisschen länger, bis der Nachfolger richtig gut im Sattel sitzt. Das braucht wieder Zeit. Zwei, vielleicht vier oder fünf Jahre könnten es sein. Je besser sich der Unternehmer extern begleitet lässt, umso wirkungsvoller kann der Neustart in der neuen Rolle gelingen. Es gibt Experten, die Veränderungsprozesse professionell gestalten. Die sind fit, wissen, wie Konflikte zu lösen sind. Es ist meine Überzeugung: Je mehr fachliche Expertise ein Übernehmer sich holt,  umso schneller geht es.

Die Entwicklung geht so schnell wie nie

„Nachfolgen ist wie Gründen, nur krasser.“ Das ist einer meiner Leitsätze. Denn bei einer Unternehmensnachfolge muss es schneller gehen. Bei einer Neugründung hat man eine gewisse Anlaufzeit. Die gibt es beim Signal „Firma zu verkaufen“ nicht. Das liegt daran, dass es schon ein Mitarbeiterteam dran hängt, ein ganzer Stab dran hängt. Dazu kommt, dass Veränderung nie mehr so langsam geht. Und zudem müssen wir uns in diesen schnelllebigen Zeiten verändern, ohne genau  zu wissen, wohin. Das ist der Preis der Entwicklung angesichts von Globalisierung, Digitalisierung und Internationalisierung. Diese Entwicklung ist rasant und geht so schnell wie noch nie.

Umso wichtiger ist es, dass der Start nach der Übernahme gelingt. Also was hilft dem „Neuen“? Damit er nicht rund um die Uhr arbeitet. Damit er sich nicht permanent überfordert oder überlastet.

Drei Punkte sind wichtig

Das sind für mich drei Punkte: wichtig: Zum ersten ist immer eine Beratung wichtig – intern und extern. Da geht es insbesondere um eine interne Rollenklarheit.

Der zweite Punkt: Ein Nachfolger sagt „ja“ zu Kontrolle,  Überblick und Steuerung. Als firmeninterner Nachfolger ist das eine besondere Herausforderung. Das hängt damit zusammen, dass man in einer neuen Weise die ehemaligen Kollegen angemessen kontrollieren muss – wie zum Beispiel Arbeitszeit oder Arbeitsergebnis.

Drittens: Ein Nachfolger muss sich Premium-Arbeitszeit für die unternehmerischen Themen nehmen. Entscheidend ist hier die Fähigkeit, zwischen wichtig und dringlich im Alltag unterscheiden zu können. Was vielen da im Wege steht: Die fachliche Expertise ist da, die wird wie im Schlaf beherrscht. Die neuen Tätigkeiten hingegen fühlen sich einfach noch ungewohnt an. Da ist die Gefahr groß, sich in die alten Tätigkeiten zu stürzen und sich das alte vertraute Gefühl der Sicherheit zu holen. Das ist aber eventuell fatal für die Firma. Auch hier ist Beratung ein wichtiger Faktor – auch die Bereitschaft, sich auf externe Expertise einzulassen.

Resümee:

Es gibt nicht nur ein Fachkräftemangel. Es gibt auch ein Nachfolgermangel. Denn die Generation der Babyboomer geht in den Ruhestand und die Generation der 80.ziger und 90.ziger Geborenen, die nun in die Verantwortung übernehmen, sind zahlenmäßig wesentlich geringer. Dazu kommt, dass Generation Y völlig andere Vorstellungen von Arbeit und Leben hat, als die Generation davor und mach‘ ein Sohn oder Tochter sich ein anderes Berufsleben wünschen, als Vater und Mutter in der eigenen Firma es vorlebten. So ist die familieninterne Nachfolge oftmals keine Option.

Die Option firmeninterne oder Unternehmensinterne Nachfolge machen 18% der Nachfolgelösungen aus. Es gibt ein paar Besonderheiten, die bei dieser Form der Unternehmensnachfolge zu beachten sind.


Wie versprochen ein paar Links zum Thema.
Interview mit Beate Kreis zu Fördermittel und Bankgespräche:

Unternehmensnachfolge Finanzierung